Heinrichplatz
Berlin-Kreuzberg, Bundesland Berlin

0.00% Kapitalismus – 100% Happiness

“I’m sitting here alone up in my room / And think about the times / That we’ve been through (oh my love) / I’m looking at a picture in my hand / Trying my best to understand / I really wanna know what we did wrong” – (Born to make you happy)

1. Wäre er es nicht schon, man müsste den 1. Mai in Berlin für tot erklären. Zugrunde gegangen zwischen Revolutionssimulation und Maibaumsause, protektionistischer Standortdemo und infantiler Regression, Myfest-Bespaßung und Arbeitsfetischismus. Erstickt nicht etwa an Passivität, sondern an Pseudoaktivität. Deshalb wäre der erste kritische Schritt die Weigerung am Teilnehmen. Nicht etwa, um mit dem Schweinesystem seinen Frieden zu schließen, sondern gerade um den Wahrheitsgehalt seiner Utopie zu retten, gilt es den 1. Mai als ritualisiertes Spektakel zu beerdigen um sein kritisches Potential wiederzubeleben. Schon der Form halber rufen wir deshalb dazu auf, bereits am 30. April der Notwendigkeit zur radikalen Veränderung des schlechten Bestehenden einen Ausdruck zu verleihen. Wir tun dies, nicht weil der 30. April ein besserer Tag ist, sondern weil die Überwindung des Kapitalismus viel zu wichtig ist, als das sie symbolisch auf den 1. Mai beschränkt bleiben darf.

I’m a slave for you / I cannot hold it / And I cannot control it / I’m a slave for you / I won’t deny it / I’m not trying to hide it / Baby, don’t you wanna dance up on me? (I just wanna dance next to you)” – (I’m a slave 4 you)

2. In der Waren produzierenden Gesellschaft sind die Menschen der sachlichen Herrschaft des Wertgesetzes unterworfen. Als spezifische Form kapitalistischer Vergesellschaftung vollzieht sich diese Herrschaft als Sachzwang »hinter dem Rücken« der Beteiligten und setzt ihren bewussten Handlungen überhaupt einen Rahmen. Primärer Zweck kapitalistischer Produktion ist die Profitmaximierung, die Verwertung des Wertes. Wer außer seiner Arbeitskraft kein relevantes Eigentum besitzt, für den bedeutet dies, seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen um sein Überleben zu sichern. Arbeit, als notwendiges Mittel des Stoffwechsels zwischen Mensch und außermenschlichen Natur, verkehrt sich in der Form kapitalistischer Mehrwertproduktion zum Selbstzweck. Diese Verrücktheit aufzulösen, also die Menschen als mündige Gestalter einer selbstbestimmten Geschichte einzusetzen, erfordert nichts Geringeres, als die kapitalistische Verfasstheit der Gesellschaft als Ganzes zu überwinden.

“With a taste of your lips / I’m on a ride / You’re toxic / I’m slipping under / With a taste of poison paradise / I’m addicted to you / Don’t you know that you’re toxic / And I love what you do / Don’t you know that you’re toxic” – (Toxic)

3. Statt »Arbeit für Alle« oder gar »Arbeit soll das Land regieren« zu fordern, sollte eine emanzipative Bewegung eher den gesellschaftlichen Zwangscharakter der Lohnarbeit ins Visier nehmen, als in hemdsärmlicher Manier das Pech der Lohnabhängigen als Zustand gesellschaftlichen Glücks zu verklären. Die erfreuliche Tatsache, dass immer weniger Arbeitszeit benötigt wird, um immer mehr Güter zu produzieren, muss gerade aus kommunistischer Perspektive als reale Möglichkeit begriffen werden, das Leben sinnvoll und weitgehend befreit von materiellen Zwängen einzurichten. Stattdessen schreien alle nach Vollbeschäftigung, anstatt sich zu freuen, endlich mal was besseres mit der Zeit anfangen zu können, als den ganzen Tag damit verbringen zu müssen, Panzer zu bauen, Telefonumfragen zu machen und schlechte Zeitungsartikel über Themen, die niemanden interessieren, zu schreiben. Da jedoch Bedürfnisbefriedigung im Kapitalismus immer an den Zwang gekoppelt ist, seine Arbeitskraft zu verkaufen, ist dieses Betteln nach mehr Arbeit sogar subjektiv nachvollziehbar. Nicht allein deshalb wäre es falsch, aus der Klassenlage gleich eine revolutionäre Subjektivität zu konstruieren. Vielmehr gilt es das Dilemma zur Kenntniszunehmen: Unter den Vorzeichen der Alternativlosigkeit hat der Prolet sehr wohl ein Interesse daran, ausgebeutet zu werden – denn er hat ja sonst nichts, was ihm die Existenz sichert.

“She’s so lucky, she’s a star / But she cry, cry, cries in her lonely heart / Thinking if there’s nothing missing in my life / Then why do these tears come at night” – (Lucky)

4. Mit dem Glücksversprechen im Kapitalismus verhält es sich dabei wie mit dem Wochenende: Bereits am Sonntag vermeldet das Unbehagen, dass am Montag die ganze Scheiße wieder von vorne anfängt. Wo die vernünftige Einrichtung der Produktionsverhältnisse aus dem Bereich realer Handlungsoption suspendiert ist, da begegnet Glück und Befriedigung als Etwas, das der Autonomie des Individuums entzogen ist, das durch Vernunft nicht errungen und nicht kontrolliert werden kann. Das Moment des von außen Kommenden, Zufälligen, Sichdarbietenden gehört in der kapitalistischen Gesellschaft wesentlich zum Glück. Solange der größte Teil der Menschen von den Produktionsmitteln getrennt ist und die Arbeit nicht nach den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Individuen, sondern nach Anforderungen des Verwertungsprozesses geschieht, kann in der geschichtlichen Form der Vernunft das Glück nicht allgemein sein. Die Beschränkung des Glücks auf die vom Produktionsprozess getrennt erscheinende Sphäre der Konsumtion verfestigt die Partikularität und Subjektivität des Glücks in einer Gesellschaft, in der die vernünftige Einheit von Arbeit und Genuss nicht hergestellt ist. Reduce to the maxx: Das muss heißen, die Frage nach der Objektivität des Glücks bis auf die Struktur der gesellschaftlichen Organisation voranzutreiben.

„I’m not ashamed of the things that I dream / I find myself flirting with the verge of obscene / Into the unknown, I will be bold / And go to new places I can be out of control” – (Touch of my hand)

5. Betrachtet man Staat und Kapital materialistisch, ist weniger die Frage entscheidend, wer von beiden »Arsch-« und wer »–Loch« ist. Wichtiger ist die Einsicht, dass der kapitalistische Gesamtzusammenhang auch in Zukunft als Garant für das Hervorbringen von Scheiße zu gelten hat. Das Ganze ist das Falsche. Deshalb muss in letzter Konsequenz auch die Forderung nach einer »Repolitisierung« des 1. Mai radikal zurückgewiesen werden. Es ist der Aufruf, sich an die Regeln des Spiels zu halten. Was das Schweinesystem verdient ist nicht den Dialog, sondern ein unmissverständliches: Fuck You! Wir wollen keine Verbesserungsvorschläge machen, sondern den engen Korridor der Verbesserungsmöglichkeiten im Bestehenden bis auf seine Grundmauern niederreißen. Seien wir im aufgeklärtesten Sinne destruktiv. Denn es geht um nichts weniger, als die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Einrichtung der Gesellschaft nach humanen Zwecken.

„You’re the answer / All the time I’ve tried to find you / I’ve been yearning / You’re the answer to the question / That’s been burning / When they ask me who I love / You’re the answer / You’re my answer” – (The answer)

Für den Kommunismus

TOP Berlin im März 2007

Präsentiert vom bundesweiten »ums Ganze!« Bündnis in Kooperation mit Autonome Neuköllner Antifa (ANA), Antifaschistische Aktion Bernau (AAB), Antifa Erkner, Antifajugendaktion Kreuzberg (AJAK) und AK Antifa Potsdam.

Die Demo wird unterstützt von: AG Gender Killer.

Official Website: http://www.top-berlin.net/

Added by mischka on April 25, 2007

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